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Lisabetha

Regie: Gottfried von Einem
Produktion: Radio Bremen (2000)
Länge: ca. 30'
Erstsendung: Sonntag, 28. Mai 2000 in Radio Bremen


Das Hörspiel hat den Robert-Geisendörfer-Preis, den Medienpreis der Evangelischen Kirche für den Bereich Hörfunk bekommen. Eine ausführliche Information finden Sie auch auf der RadioBremen Webseite. Die Verleihung fand am 20. Juni 2001 beim ZDF in Mainz statt.


RadioBremen können Sie sich das Hörspiel online anhören (hierzu benötigen Sie den RealPlayer Plug-In).'); */ ?>

Rezension von Frank Kaspar in der FAZ vom 30.05.2000

Der blasse Teint

Selbstgespräch, als Hörspiel getarnt: "Lisabetha" (RB)

"Weißt du, warum tote Menschen so schön sind" Unter uns: Bis dahin hatte ich geglaubt, wenn das Gesicht einmal vollkommen entspannt auf dem Schädel liege, dann werde sich ganz von selbst ein Ausdruck des Friedens einstellen, wie er im Leben einer Hand voll glücklicher Augenblicke vorbehalten ist. Zum Glück saß die Frau, die es besser wusste, nur einige Tische entfernt und sprach so laut, dass nicht nur ihre Freunde, sondern auch die anderen Gäste des Restaurants etwas dazulernen konnten.

Mit den Toten ist das nämlich so: Wenn es zu Ende geht, zieht ein Mensch sich allmählich aus seinem Körper zurück. So entsteht ein Hohlraum, in den göttliche Energie einsickern kann. Der Kopf wird ieer und beginnt zu leuchten. Das fange schon eine Weile bevor man sterbe an, strahlte die Frau am anderen Tisch. Sie ist in Indien und in China gewesen und hat dort Dinge erfahren die Unsere Schulmedizin uns nicht träumen lässt.

Doch zum Hörspiel: Lisabetha ist siebenundneunzig Jahre alt, und ihre Umgebung scheint ihr zu verübeln, dass sie noclh immer keine Anstalteit macht aus ihrem Körper zu verschwinden. Die alte Dame hat den richtigen Zeitpunkt einfach verpasst. Das Fleisch ist schwach, aber der Geist will mehr. Lisabetha hat nach wie vor einen Heißhunger auf Cremeschnitten und schreckliche Angst vor dem Sterben. Wer bat eigentlich gesagt, dass alte Menscheft dem Tod gelassener entgegensehen? Das ist eine schöne Geschichte für Leute, die noch oft genug gesagt bekommen, wie jung sie aussehen.

Was bleibt zu tun, wenn man sein statistisches Todesdatum weit hinter sich weiß? Man kann unbarmherzig beobachten, wie die Mitmenschen, hinter Komplimenten verschanzt, auf Anzeichen von Schwäche lauern. Man meidet, so gut es geht, die Biotope für Betagte. Man beginnt in der dritten Person von sich zu reden und das Alter als Experiment zu betrachten. Lisabetha schickt Briefe an sich selbst, um sicherzugehen, dass sie nicht von der Außenwelt abgeschnitten ist. Sie spielt einen Schlaganfall vor, um herauszufinden, wie lange Freunde, Pflegepersonal und Ärzte brauchen, um den Schwindel zu bemerken. Sie meidet die Diaabende im Seniorenheim, für dieses "Wachsfigurenkabinett" hat sie nur Verachtung übrig. Kurz: Lisabetha hat sich entschieden, eine "aufmüpfige Alte" zu werden, die einfach nicht sterben will.

In ihrem Innern hat sie dennoch bereits ein bisschen Platz gemacht und einen Sessel freigeräumt, auf dem der Zuhörer Platz nehmen kann. Susanne Krahes Hörspiel lud für achtundzwanzig Minuten zu einem Aufenthalt in Lisabethas Kopf ein. Von der Straße drangen Worte und Geräusche gedämpft herein. Doch der Gast kam kaum dazu, sich den Sinnen der Heldin zu überlassen. Ihre innere Stimme ließ ihm keine Ruhe. Dem ausgreifenden Monolog, in dem Gisela Trowe als Lisabetha das Fegefeuer der späten Jahre beschwor, fehlte weder Klarsicht noch Schärfe. In der Enge des Kopfes klang er dennoch bald hohl. Wer lange genug mit sich selbst spricht, hat irgendwann immer Recht. Darüber kann man gut verschwörerisch in sich hineinkichern. Hörer braucht man dazu keine.

Frank Kaspar



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